Auch wenn aufgrund unserer Kontakte und der mittlerweile gut ausgebauten Logistik unsere Arbeit derzeit vornehmlich in der Ukraine-Hilfe besteht, so erschüttern natürlich auch uns die schrecklichen Geschehnisse in den Erdbebengebieten in der Türkei und in Syrien. Deshalb haben wir uns kurzerhand dazu entschlossen, die alevitischen Gemeinden in Lahr und Offenburg bei ihren Hilfslieferungen zu unterstützen.
Da wir unsere Logistik auf Hilfslieferungen in die rund 1.500 Kilometer entfernte Ukraine ausgelegt haben und über Eimerketten und geteilte Lieferwege mit ukrainischen Kollegen arbeiten, sind Hilfsfahrten nach Iskenderun oder Aleppo für unsere Organisation leider nicht möglich. Die uns zur Verfügung stehenden Fahrzeuge sind schlicht und einfach zu klein, als dass sich die Reise ins rund 3.000 Kilometer entfernte Erdbebengebiet rechnen könnte. Die Kosten im Vergleich zum Nutzen wären schlicht und einfach zu hoch. Wie also trotzdem helfen – abgesehen von Geldspenden? Natürlich mit Kooperationen.
Da die Kollegen der alevitischen Gemeinde in Offenburg Zugriff auf einen 40-Tonnen-LKW hatten, konnten wir vor rund einer Woche mit einer Wagenladung warmer Kleidung aus unserem Lager in Lahr unterstützen. Tatsächlich wird warme Kleidung derzeit in der Ukraine nicht benötigt, weshalb wir noch viele bereits sortierte Kisten in Lahr aufbewahrten. Diese sind jetzt, dank der Zusammenarbeit mit der alevitischen Gemeinde Offenburg, auf dem Weg ins Erdbebengebiet und werden dort hoffentlich viele Menschen wärmen. Unser Appell an alle, die helfen wollen: Schließt euch zusammen! Die Erdbebengebiete sind weit weg und jeder Euro zählt. Viele kleine Autos lohnen nicht, zusammen sind wir stärker! Die Rechnung ist einfach: Spritkosten geteilt durch Zuladung ergibt den Preis pro Tonne. Je niedriger dieser ist, desto sinnvoller die Fahrt.
Kleines Rechenbeispiel zur Veranschaulichung:
Ein 40-Tonner verbraucht zwischen 30 und 40 Liter Sprit auf 100 Kilometer. Bei 15 Tonnen Leergewicht und 25 Tonnen Zuladung macht das deutlich weniger als zwei Liter Sprit pro Tonne.
Ein Auto in der Größe eines Sprinters verbraucht voll beladen zwischen 10 und 15 Liter auf 100 Kilometer, kann aber lediglich rund eine Tonne zuladen. Pro gelieferter Tonne sind wir hier also bei zehn bis 15 Litern Sprit.
Hochgerechnet auf die 3.000 Kilometer weite Hinfahrt bedeutet das pro Fahrt:
Spritverbrauch 40-Tonner: 1.200 Liter
Spritverbrauch Sprinter: 450 Liter
Umgerechnet auf Spritverbrauch pro gelieferter Tonne heißt das:
40-Tonner (25 Tonnen Zuladung): 48 Liter pro Tonne
Sprinter (1 Tonne Zuladung): 450 Liter pro Tonne
Die Lieferung mit einem Sprinter ist also fast zehn mal so teuer wie die Lieferung mit einem 40-Tonnen-LKW.
Hinzu kommen die Kosten für die ebenfalls 3.000 Kilometer weite Rückfahrt. Hier kann mit einem Verbrauch von ca 25 Liter für den LKW und 7-10 Litern für den Sprinter gerechnet werden.
Bei den derzeitigen Spritpreisen kann sich also jeder selbst leicht ausrechnen, wieso es sich bis zu einer gewissen Größe einfach nicht lohnt ins Erdbebengebiet zu fahren. Das Geld, das für den Sprit ausgegeben werden müsste, kann man stattdessen lieber an Organisationen vor Ort spenden. Im Gegensatz zu der Hilfe für Kriegsgebiete können Hilfsorganisationen im Erdbebengebiet weitestgehend gefahrlos helfen und schnell beständige Lieferwege aufbauen. So können viele Hilfsgüter auch vor Ort und aus der näheren Umgebung besorgt und verteilt werden, was die weite Anfahrt aus Deutschland für diverse Hilfsgüter unnötig, Geldspenden für vor Ort operierende Organisationen jedoch umso sinnvoller macht.
Auch Fahreranzahl und Zeitfaktor spielen eine Rolle
Zusätzlich zum Kosten-Nutzen-Faktor lohnt sich auch der Blick auf die Anzahl benötigter Fahrer: Wer 25 Tonnen Hilfsgüter mit einem 40-Tonner ins Erdbebengebiet fährt, benötigt einen Fahrer – mit Beifahrer zwei. Wer dieselbe Anzahl Hilfsgüter mit Sprintern liefern möchte, der benötigt 25 Fahrer – 50, wenn man sich mit einem Beifahrer abwechseln möchte. Da die Fahrt zudem über mehrere Grenzen ohne Freihandelsabkommen geht und die Autos somit durch den jeweiligen Zoll fahren müssen, spielt auch der Zeitfaktor eine große Rolle. Zwischen acht und zehn Tage dürfte ein Hilfsfahrer für die Fahrt nach Iskenderun und zurück im besten Fall unterwegs sein, noch länger dauert die Fahrt nach Syrien. Bei einer Fahrt mit Sprintern würde das bedeuten, dass 25-50 Fahrer jeweils rund zwei Wochen Urlaub nehmen müssen, um dieselbe Menge an Hilfsgütern zu liefern, wie lediglich ein 40-Tonnen-LKW. Auch hier lohnt sich wieder die Kooperation mit anderen Hilfs-Organisationen. Lieber gemeinsam eine große Ladung überstellen als jeder alleine viele kleine. Das dabei gesparte Geld und die gesparte Zeit können dann in weitere Hilfsangebote investiert werden. So ist jedem geholfen.